Rezension: Nur drei Worte


Heute zeige ich euch einen Roman, den der Carlsen Verlag uns auf seinem Bloggertreffen auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt hat. Nur drei Worte ist eine untypische Liebesgeschichte über zwei Jungs, die sich eigentlich gar nicht persönlich kennen. Was Harry Potter mit Nur drei Worte zu tun hat und wie mir der Roman gefallen hat, erfahrt ihr in meiner Rezension.



Simon kennt Blue in und auswendig. Er weiß, was er mag, welche Musik er hört und dass er grammatikalisch einwandfrei schreibt. Allerdings hat Simon Blue noch nie persönlich getroffen. Sie schreiben sich E-Mails, ohne sich je gesehen zu haben oder die Identität des anderen wahrhaftig zu kennen. Dabei wissen sie, dass sie auf die gleiche Schule gehen. Nur untereinander reden sie offen über ihre Homosexualität und ihre tiefsten Wünsche. Als eine Mail von Simon in falsche Hände gerät, ändert sich für ihn alles. Er will nicht, dass die ganze Schule von seiner Verliebtheit erfährt und er hat Angst, dass Blue es ihm nie verzeihen würde, wenn die E-Mail veröffentlicht wird. Dabei möchte Simon ihn unbedingt kennenlernen, Angesicht zu Angesicht. Nur Blue ist sich nicht sicher, ob er seine geheime Identität aufdecken möchte. Hat er etwas zu verbergen? Warum will er sein Glück nicht perfekt machen?



Nur drei Worte ist der Debüt-Roman der Amerikanerin Becky Albertalli. Für mich ein kleiner Schock im Positiven, denn ich hatte gedacht, wer so gut plottet, Figuren Leben einhaucht und so fantastisch schreibt, ist schon länger im Geschäft. Da zeigt sich wieder, dass man kein alter Hase sein muss, um großartige Arbeit zu vollbringen.

Die Geschichte ist aus Simons Perspektive geschildert. Ein Kapitel aus der Ich-Perspektive wird oft gefolgt von einem E-Mail-Wechsel zwischen Simon und Blue. Das führt dazu, dass man nicht nur Simons Gedankengänge nachvollziehen kann, sondern auch erfährt, was sich Blue bei all den Situationen denkt. Dadurch, dass Nur drei Worte aber vordergründlich Simons Wegen folgt, blieb er für mich Identifikationsperson Nummer eins. Trotzallem ist der Schreibstil recht ungewöhnlich, was daran liegt, dass Simon genauso schreibt, wie er spricht. Die normalen Kapitel waren für mich anfänglich etwas holprig zu lesen, bis mir klar wurde, dass seine Mails im gleichen Ton verfasst sind und das nichts mit dem eigensinnigen Schreibstil der Autorin zu tun hat, sondern dass hier einfach Simons Art präsentiert wird. Unfassbar, wie gut Albertalli das zu vermitteln geschafft hat.

Mit rund 315 Seiten war die Geschichte zwar etwas knapp, aber das tut meiner Meinung nach nichts zur Sache. Kurz und knackig, die Beschreibung passt vermutlich perfekt auf Nur drei Worte. Ich hatte nicht das Gefühl, mit Informationen überhäuft zu werden, fühlte mich aber dennoch stets gut unterhalten. Dadurch, dass die Kapitel auch nicht zu lang sind, blieb ich ständig am Ball und wollte immer weiterlesen. Auf diese Weise hatte ich den Roman relativ schnell ausgelesen.

Die Charaktere sind eine wilde Bande von völlig unterschiedlichen Jugendlichen. Hier ist eigentlich niemand perfekt (sogar eine sogenannte Miss Perfect hat Ecken und Kanten) und das ist gut so, denn dadurch wirken die Figuren realistisch und sympathisch. Die eine hat ständig schlechte Laune, der andere sitzt lieber vor dem Laptop, anstatt Partys zu feiern. Sogar den Nebencharakteren wird viel Leben eingehaucht und eigentlich möchte man alle einmal persönlich kennenlernen, weil sie großartig verschieden sind – und zwar nicht nur durch ihr Äußeres oder ihre Sexualität.

Sexualität ist natürlich ein großes Thema in dem Roman, der von einem homosexuellen Protagonisten handelt. Obwohl Simon eigentlich keine große Sache aus seinen Gefühlen machen möchte, tut er es irgendwie doch. Insbesondere die Coming-Out Geschichte fand ich sehr interessant. Simon behauptet, alle Menschen sollten ein Coming-Out haben, egal welcher Sexualität sie sich angehörig fühlen. Er plaudert mit viel Charme, Witz und dennoch einer gewissen Ernsthaftigkeit über diese Themen, die einem richtig ans Herz gehen. Der Umgang mit Sexualität ist in Nur drei Worte hervorragend behandelt. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Autorin Psychologin ist und eine Gruppe für Kinder mit nicht genderkonformer Identität betreut. Man spürt, dass Becky Albertalli weiß wovon sie spricht.

Referenzen findet man in dem Buch wie Sand am Meer, vor allem zu einigen Bands und Musikern sowie Harry Potter. Als Potterhead habe ich mich vor Lachen fast gekringelt, wenn es um Dementorenkostüme oder Slash Fanfiction ging. Mit den musikalischen Bezügen konnte ich zwar nicht so viel anfangen, doch auch ich hatte nach dem Lesen durchaus Lust, mal in Simons Playlist hineinzuhören.

Auch wenn das Hauptthema natürlich die Liebe ist, wird auch Familie und Freundschaft in Nur drei Worte großgeschrieben. Geheimniskrämerei, Schulstress und Theaterproben sind für die Charaktere alltäglich. Insbesondere die Frage, wem kann ich was erzählen? Das hat nicht nur mit Simons Coming-Out zu tun, auch mit dem natürlichen Umgang mit seinen Freunden. Ihm wird klar, dass er über einige von ihnen eigentlich gar nicht richtig etwas weiß und fragt sich, wie tief sein Interesse ihnen gegenüber grundsätzlich ist. Der Leser begleitet Simon in seinen ständigen Veränderungen, dem Weg zum Erwachsenwerden. So ärgert er sich, dass seine Familie aus allem immer ein großes Thema machen muss, wenn er beispielsweise plötzlich Kaffee trinkt, doch merkt er selbst, dass alle Menschen, die er kennt, irgendwie ein großes Ding aus allem machen. Was ist normal und was nicht?

Albertalli beherrscht das Verwirrspiel nahezu perfekt. Natürlich möchte der Leser unbedingt wissen, wer Blue ist und rätselt von Anfang an fleißig mit. Dank der zahlreichen unterschiedlichen Themen in dem Roman hat man aber nicht das Gefühl, dass Blues Identität die vordergründige Frage ist und so vergisst man zwischendurch oft, einen neu eingeführten Charakter mit Blues Charakterzügen zu vergleichen. Ich hatte wahnsinnig viel Spaß beim Mitraten.
Wie alles an Nur drei Worte ist auch der Ausgang der Geschichte nicht unbedingt typisch. Und wer jetzt denkt, er wüsste, auf welche drei Worte der Titel anspielt, bin ich mir ziemlich sicher, dass ihr euch irrt.




Anfänglich hatte ich Schwierigkeiten mit dem Schreibstil, doch als sich für mich offenbarte, dass sich dieser mit Simons Art zu schreiben und zu deckt, war ich hemmungslos in den Roman verliebt. In Nur drei Worte stecken so viele hübsche Details! Und jeder Leser sei gewarnt, das Buch macht Heißhunger auf Oreo-Kekse. Als Harry Potter-Fan konnte ich gar nicht anders, als diesen Roman zu mögen. Mir hat das Lesen wahnsinnig viel Spaß bereitet, was nicht nur an den fabelhaften Charakteren lag, sondern auch an dem humorvollen Charme, den das Buch mit sich bringt. Gepaart mit ernsten Themen und Problemen war Nur drei Worte eine absolute Überraschung für mich. Ich hätte gerne noch mehr gelesen und vergebe daher vier von fünf möglichen Lesebrillen an dieses zauberhafte Werk.

  




Titel: Nur drei Worte
Autorin: Becky Albertalli
Verlag: Carlsen
Preis: 16,99€
ISBN: 978-3-551-55609-7
Sonstiges: Hardcover, 320 Seiten


Die genannten Details sind der Website vom Carlsen Verlag entnommen.

Vielen Dank an Carlsen für das Leseexemplar!






2 Kommentare:

  1. Hallo Lea,

    Danke für die schöne Rezension!
    Nun ist endgültig klar, dass ich das Buch lesen möchte.
    Vorher muss ich aber dringend noch Oreo-Kekse kaufen. ;)

    Liebe Grüße,
    Laura

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    1. Hallo Laura,

      danke, das freut mich sehr! Ich wünsche dir ganz viel Spaß bei dem Buch :)

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