Rezension: Der Ursprung der Welt


Der Ursprung der Welt klingt vielleicht ein bisschen so, als hätten sich Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß für ein naturwissenschaftliches Buch zusammengetan, doch da täuscht man sich. In dem Titel von Liv Strömquist geht es um nichts anderes als die Geschichte des weiblichen Geschlechts. In dem Comic aus dem avant-Verlag werden Genderrollen auf den Ursprung zurückgeführt und patriarchale Verhältnisse satirisch beleuchtet. Wie mir der Comic der schwedischen Künstlerin gefallen hat, erzähle ich euch heute in meiner Rezension.


Das weibliche Geschlechtsorgan steht im Vordergrund der Kulturgeschichte: von der biblischen Erzählung von Adam und Eva bis hin zu Kontroversen aus der heutigen Zeit rund um die Menstruation. Was genau ist eigentlich „das weibliche Geschlechtsorgan“ und warum ist die Gesellschaft auch heute noch so verklemmt, wenn es um das Thema der Sexualität geht? Der Ursprung der Welt untersucht Mythen aus der Antike, der Steinzeit und lässt auch nicht die psychologischen Betrachtungen von Siegmund Freud aus.

Ich habe Der Ursprung der Welt in der Verlagsvorschau des avant-Verlags entdeckt und war sofort hin und weg, nachdem ich den Klappentext näher betrachtet hatte. Weil ich mich auf einen neuen feministischen Comic sehr gefreut habe, durfte dieser natürlich nicht in meiner Sammlung fehlen!

Anfänglich war ich beim ersten Blick in den Comic ziemlich erstaunt: so viele Worte, so wenig Bilder im Kontrast dazu. Für einen Comic nicht gerade typisch, möchte man meinen. Die Schrift ist handgelettert und hat damit einen ganz eigenen Charakter. Manchmal ist sie grob, manchmal ganz fein und zart, je nachdem, was das Panel ausdrücken möchte.

Allerdings handelt es sich bei Der Ursprung der Welt auch nicht gerade um einen klassischen Comic. Liv Strömquists Werk wird auf den ersten Seiten von einer Erzählerin begleitet. Die Figur leitet den Leser in das Buch ein und präsentiert im ersten Abschnitt Männer, die sich viel zu sehr für das weibliche Geschlechtsorgan interessieren. So seien sie nämlich das Problem der Verklemmtheit in der Gesellschaft oder die Tatsache, dass alles rund um das weibliche Geschlechtsorgan unangenehm sei. Direkt zu Beginn wird der Leser durch diesen Fingerzeig auf der humoristischen Ebene angesprochen.
In einem weiteren Kapitel wird das weibliche Geschlecht näher betrachtet. Dabei werden nicht nur Mythen aufgeklärt, das weibliche Geschlechtsorgan wird auch näher definiert. Wie wird es in der Kultur dargestellt? Was genau ist der Orgasmus, die Menstruation und die Schwangerschaft und warum gab es vor allem in der Medizin früher viel zu viele irreführende Antworten darauf?
Besonders gut gefiel mir die „Eva erzählt“-Episode, in der Eva Geschichten aus dem Alltag satirisch erzählt. Manchmal glaubt man, ihre Anekdoten stammen wahrhaftig aus einer Teenie-Zeitschrift oder dem Trash-TV, anders kann man sie sich oft gar nicht erklären.

Dabei verwendet die Autorin wissenschaftlich belegte Fakten, Daten oder Informationen, die man sogar in angefügten Fußnoten entnehmen kann. Beim Lesen des Comics störten mich manchmal die Fußnoten, doch immerhin sind sie wichtig für die Quellenverweise. Ein Verzeichnis am Ende des Titels hätte vermutlich durch das Hin- und Herblättern den Lesefluss gestört.

Gerade der wissenschaftliche Aspekt lässt sich wunderbar mit dem Humor im Comic verbinden. Dadurch habe ich nicht nur etwas Neues gelernt, sondern hatte auch noch unterhaltsame und wirklich lustige Lesestunden. Die Lektüre war für mich recht schnell beendet, obwohl das Text-Bildverhältnis nicht immer typisch comichaft war.

Ich hätte mich gefreut, wenn der gesamte Titel koloriert worden wäre. So sind nur einige Seiten, wie beispielsweise die Eva-Auszüge farbig, die anderen Kapitel sind meist in Schwarz und Weiß gehalten, manchmal findet sich ein Tupfer Rot, beispielsweise um die Bedeutung der Menstruation oder ähnlichem Ausdruck zu verleihen. Das Farbspiel ist auf jeden Fall gelungen – und durch das Schwarz-Weiße konzentriert sich der Comic eher auf die Fakten als auf die Bilder.


Der Ursprung der Welt ist ein humoristisches Abenteuer aus der Faktenwelt des weiblichen Geschlechtsorgans und hat dadurch Potential zur Schullektüre im Biologie-Unterricht. Ich habe nicht nur sehr oft über die raffinierte Sprache und die witzig in Szene gesetzten Bilder gelacht, denn ich habe auch einiges durch den Comic gelernt. Wer sich weiter in der Materie informieren will, hat auch gleich die zahlreichen Fußnoten zur Verfügung. Obwohl der Comic nicht vollständig koloriert ist und ich anfänglich erschrocken vom Bild-Text-Verhältnis war, hat mir die Lektüre unheimlich gut gefallen. Der Ursprung der Welt von Liv Strömquist aus dem avant-Verlag war für mich ein absolutes Lese-Highlight und hat daher von mir fünf von fünf möglichen Lesebrillen erhalten.


Titel: Der Ursprung der Welt
Illustratorin und Autorin: Liv Strömquist
ISBN: 978-3-945034-56-9
Verlag: avant-Verlag
Preis: 19,95€
Sonstiges: 140 Seiten, Softcover



Die genannten Details sind der Website des avant-Verlags entnommen.

Vielen Dank an avant für das Belegexemplar!



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