Rezension: Irmina


Heute möchte ich euch einen Titel vorstellen, der mich zutiefst berührt hat! Die Rede ist von dem Comic Irmina von Barbara Yelin aus dem Hause Reprodukt. In den 1930er Jahren reist die junge Irmina für ihre Ausbildung nach London, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Worum es in dem Titel genau geht und wie er mir gefallen hat, erfahrt ihr in meiner Rezension.


Irmina reist von Deutschland nach London, um in den 1930er Jahren eine Ausbildung dort zu beginnen. Sie trifft auf den Oxford-Studenten Howard, zu dem sie eine besondere Beziehung aufbaut. Genau wie sie weiß er, wie es ist, sich als Außenseiter zu fühlen. Als sich die politische Situation zuspitzt, entschließt sich Irmina jedoch zurück nach Berlin zu gehen. In dem Glauben, die richtige Entscheidung gefällt zu haben, bemerkt sie allerdings, dass sich durch das nationalsozialistische Deutschland einiges verändert hat. Irmina wird sich bewusst, dass sie ihren bisherigen Lebensstil nicht länger fortführen kann.

Als ich mehr über das Werk von Barbara Yelin erfuhr, war mir nach dem Lesen des Klappentextes von Irmina sehr schnell klar: diesen Comic möchte ich lesen! Der Titel wirkte auf mich bereits von der Aufmachung im Großformat, dem Cover und vor allem wegen der erzählten Geschichte sehr ansprechend.

Mit fast 300 Seiten ist Irmina auch wirklich ein dickes Buch geworden. Durch das Großformat hat die Geschichte genügend Platz erhalten und kann sich daher frei entfalten. Ich war anfänglich über das ungewöhnliche Format und den Seitenumfang erstaunt, doch für mich stellte sich heraus, dass der Titel genau so viel Raum benötigt, um entsprechend auf den Leser zu wirken zu können.

Irmina ist die gleichnamige Titelfigur des Comics. Sie wird als starke und feministische Figur eingeführt, die vor allem eins möchte: ernstgenommen werden. Als Frau und dann auch noch als Ausländerin macht ihr Umfeld es ihr wirklich nicht leicht. Noch schwieriger wird es für sie, wenn die politische Situation eskaliert. Es ist spannend zu sehen, wie sich die Verhältnisse verschieben und Irmina sich selbst dazu gedrängt fühlt, Dinge zu verändern, aber auch Dinge schlichtweg anzunehmen. Der Leser begleitet Irmina bis hin in ein hohes Alter und erlebt sozusagen einen Großteil ihres Lebens. Mir brach es manchmal das Herz, wenn ich die Entscheidungen dieser jungen und manchmal mehr und manchmal weniger mutigen Frau las.

Akzeptanz in einem anderen Land, das ist auch für Howard nicht gerade ein Zuckerschlecken. Tagtäglich hat er es mit rassistischen Äußerungen zu tun und fürchtet jederzeit, seine Stellung an der Universität zu verlieren, obwohl er ein kluger Kopf ist. Nicht nur Irmina, auch Howard wuchs mir sehr schnell ans Herz. Insbesondere die Interaktion beider Charaktere macht die Geschichte sehr lebendig und charmant.

Man könnte meinen, ein Titel mit so vielen historischen Bezügen ist vielleicht etwas steif und schwierig, doch Irmina brachte mich auch sehr oft zum Lachen. Im Fokus stehen trotz der politischen Umstände schließlich die Figuren, die mich auf vielen Ebenen emotional berührten.
Dass ich ständig das Gefühl hatte, die Erzählung fühle sich so real an, liegt vermutlich auch daran, dass sie auf einer wahren Begebenheit beruht. Barbara Yelin fand Briefe und Tagebücher ihrer Großmutter, die sie zu dem Titel inspirierten. Gerade diese Tatsache bewegte mich noch mehr als es der Comic sowieso schon tat.

Der Zeichenstil erschien mir recht ungewohnt. Die Panels haben keinen festen Rahmen, sodass die Bilder für sich stehen können. Das sorgt für eine entsprechende Dynamik beim Lesen: Das Auge gleitet dadurch ohne Unterbrechung von Panel zu Panel, weshalb es mir leicht fiel, den Comic in einem Zug auszulesen.
Die Strichführung wirkt oft unsauber, trägt allerdings zur Atmosphäre der Geschichte bei. Die Bleistiftlinien wurden nicht entfernt, weshalb die Illustrationen skizzenhaft wirken. Mir gefiel dieser Stil sehr, da ich ihn als sehr unterstützend für die Erzählung fand: ein zu sauberer Duktus hätte einfach nicht hineingepasst.
Auch die Farben tragen perfekt zur Stimmung bei. Sie sind gedeckt und eher düster. Vor allem die graublauen Nuancen dominieren und werden nur an wenigen Stellen von braunen Farbtönen untermalt.


Irmina war für mich regelrecht ein absolut begeisterndes Leseerlebnis. Ich wurde schon nach wenigen Seiten von der Geschichte überzeugt und fieberte dadurch bei jedem Kapitel immer mehr mit der Protagonistin mit. Für mich ist es unvorstellbar, wie sich Irmina in der Zeit des politischen Umbruchs gefühlt haben muss und was sie alles erlebt haben mag. Barbara Yelin präsentiert einen emotionalen Comic, der mich nicht nur zeichnerisch, sondern auch erzählerisch überzeugte. Als ich das Buch zuschlug, war ich zu Tränen gerührt. Für Irmina von Barbara Yelin vergebe ich daher fünf von fünf möglichen Lesebrillen.


Titel: Irmina
Illustratorin und Autorin:  Barbara Yelin
ISBN: 978-3-95640-006-3
Verlag:  Reprodukt
Preis: 39,90€
Sonstiges: 288 Seiten, Hardcover



Die genannten Details sind der Website von Reprodukt entnommen.

Vielen Dank an  Reprodukt für das Belegexemplar!



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