Was ist eigentlich "Heimat"? Minidramen-Wettbewerb des Theaterhaus Stuttgart [Anzeige]


Wenn ich darüber nachdenke, was für mich der Begriff Heimat bedeutet, kommt mir nicht als erstes mein Elternhaus oder der Ort in den Sinn, an dem ich aufgewachsen bin. Ich assoziiere ihn mit vielerlei Städten, in denen ich mich heimisch fühle, allen voran jedoch mit dem Ort, an dem ich gerade lebe. Jeder legt die Definition von Heimat anders aus. Um sich ein besseres Bild der Heimatkunde machen zu können, hat sich das Theaterhaus Stuttgart ein neues Projekt einfallen lassen. Auf der Website blogbuehne.de erzählen sechs Autorinnen und Autoren, was sie sich unter Heimat vorstellen. Außerdem möchte ich euch heute von dem Minidramen-Wettbewerb des Theaterhaus Stuttgart berichten, an dem ihr teilnehmen und vielleicht schon bald eure Texte auf der Bühne sehen könnt.

Im Rahmen des Literatursommers Baden-Württemberg 2016 hat sich der Leiter des Projektes, der Dramaturg Thomas Richhardt, für blogbühne.de etwas Besonderes einfallen lassen. Heimatkunde für alle – unter diesem Motto führt das Theaterhaus Stuttgart aktuell eine öffentliche Debatte. Auf der Website erhalten sechs Autorinnen und Autoren Platz, um über ihr Verständnis von Heimat zu bloggen und dazu anzuregen, sich selbst ein Bild über diesen Begriff zu machen.

Blogbühne. Der Name verrät es ja eigentlich schon, denn die veröffentlichten Artikel und auch die Kommentare der Leserinnen und Leser sollen auf die Bühne gebracht werden und nicht nur geschriebene Worte bleiben. Ein ungewöhnliches und neues Konzept, auf das ich Dank Thomas Richhardt aufmerksam wurde. Das Ensemble des Theaterhaus Stuttgart wird das Ganze am 16. und 17. September 2016 in einer „Theater am Tisch“-Präsentation aufführen.

Bis dahin könnt ihr die Zeit nutzen, um euch auf der Website etwas genauer umzusehen und mit euren Kommentaren aktiv mitzudiskutieren. Die Blogbühne zeigt, dass Heimat nicht nur ein Ort ist und man auch nicht immer ein positives Bild davon haben muss. So schreibt die Autorin Tina Müller, die in Zürich geboren wurde und in Hildesheim sowie Berlin studierte, dass sie das Netz nicht als ihre Heimat sieht. Sie sei eine Newcomerin und fühle sich steinalt, weil sie in der Welt der sozialen Netzwerke nicht mitkommt.
„Trotz Bemühungen lerne ich die Sprache nicht. Ich begreife die Spielregeln nicht. Ich habe nur 241 Freunde. Und kein Gefühl dafür, was ich poste, wie ich poste. Oder wie ich die Posts der Anderen kommentiere. Und was ich liken soll und warum. Und wem ich zum Geburtstag gratuliere und wie. Und wie ich mich selbst zeige, damit meine 241 Freunde von mir das denken, was sie von mir denken sollen: Dass ich ein stringenter, kluger Mensch mit klar definierten Interessen, einer unerschütterlichen, kritischen Meinung und einer zufriedenstellenden beruflichen Situation bin.“
Tina Müller, „Das Netz ist nicht meine Heimat

Sie nutzt das Projekt und den Blog, um sich besser in sozialen Netzwerken zu integrieren. Dieses Neuland bezeichnet sie Tinstabook und bringt mich damit erst einmal zum Schmunzeln. Tina Müller vergleicht ihre Reise in diese neue Welt mit einer Einreise in ein neues Land und schafft damit weitere Bezüge zur Heimat, die sie in ihren Blogtexten näher erläutert.

Der ehemalige SPIEGEL-Journalist und Tatort-Autor Felix Huby bezieht die schwäbische Kultur in seine Blog-Texte ein, was bei manchen Leserinnen und Lesern im Kommentarbereich für Irritation sorgt: „Ich muss sagen, ich verstehe kaum, worum es geht. Schwaben geht das sicher anders…“ (Quelle, Wolf, 24. August)
Als Schwabe, der in Berlin wohnt, geht er mit der einen oder anderen amüsanten Anekdote auch auf die unterschiedlichen Dialekte und Eigenheiten ein. Für ihn ist klar: „Meine Heimat ist Schwaben, zuhause fühle ich mich aber auch in Berlin.“ (Felix Huby, "Ein Gefühl, kein Ort – oder doch?")

Dass ein Blogbeitrag auch anders aussehen kann, zeigt Anis Hamdoun, der in Syrien aufwuchs und von seinem Großvater, ein bekannter Theaterautor, unterrichtet wurde. Heimat wird in seinem Beitrag politischer aufgefasst: „Das ist keine Flüchtlingskrise.“ (Anis Hamdoun, „We refugees“, übersetzt aus dem Englischen von Maria Schneider) Er berichtet in untereinander gereihten Einzeilern über sein Leben als Flüchtling und als Künstler, nimmt öffentlich Stellung zu Kriegen und Kämpfen.

Ildikó von Kürthy hat zwei wundervolle Blog-Texte geschaffen, in denen ich auf eine bildhafte Reise gehen konnte. Man kann sehen, schmecken und hören wie sich für sie das Bild der Heimat manifestiert. Und auch der deutsch-syrische Autor Suleman Taufiq schafft es, meinen Horizont zum Thema zu erweitern. Er spricht unter anderem über seinen Sohn, der gefragt wurde, ob er eigentlich Syrer oder Deutscher sei und schildert das Aufwachsen in zwei Kulturen. Warum die Oma Amok läuft, könnt ihr im Text „Heimatkunde f. alle“ von Feridun Zaimoglu erfahren. Heimat, ja das kann eben vieles bedeuten.

Aber was ist Heimat für euch? Im Minidramen-Wettbewerb Heimaten, einem Projekt des Theaterhaus Stuttgart im Zuge des Kinder- und Jugendliteratursommers Baden-Württemberg 2016, könnt ihr euch richtig austoben. Auf der Website könnt ihr bis zum 5. September über ein Formular eure eigenen Texte online stellen. Ihr habt aber auch die Möglichkeit, die Texte online zu kommentieren und zu bewerten. Eine Rangliste zeigt eine Übersicht über alle Einsendungen. Vielleicht wird euer Werk ja schon bald damit belohnt, am 16. und 17. September 2016 zusammen mit den Texten von „Heimatkunde für alle“ in Stuttgart uraufgeführt zu werden?

Mitmachen kann jeder bis zum Alter von 19 Jahren. Nach dem 5. September werden die Gewinner gekürt und zu einer Preisverleihung eingeladen. Wer sich einen genaueren Überblick darüber verschaffen möchte, was ein Minidrama alles sein kann, kann sich in diesem PDF-Dokument damit vertraut machen. Anregungen findet ihr nicht nur dort, sondern auch auf der Website des Minidramen-Wettbewerbs. Dort gibt es ein Archiv des Wettbewerbes aus dem Jahre 2014 und unter dem Punkt Dramen lesen & bewerten könnt ihr euch bereits eingegangene Texte aus diesem Jahr ansehen.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Stöbern und freue mich schon auf die Ergebnisse des aktuellen Projekts!

Vielen Dank an Thomas Richhardt, der mich auf die Projekte aufmerksam gemacht hat!





blogbuehne.de/minidramen



Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen honorierten Text.

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