Rezension: Viktor und der Wolf


Vor einiger Zeit erreichte mich eine persönliche Postkarte des Autors Hannes Klug, der mir seinen Roman Viktor und der Wolf vorstellte. In Zusammenarbeit mit dem Autor und dem Rowohlt Verlag konnte ich in die Geschichte des jungen Viktors eintauchen, der Bekanntschaft mit einem Wolf macht und sich dafür einsetzt, dass geschützte Tierarten nicht weiter bedroht werden. Heute möchte ich euch in meiner Rezension die inspirierende Erzählung genauer vorstellen.




Viktors Leben ändert sich auf einen Schlag, als er eines Tages einen verletzten Wolf am Bahndamm sieht. Er spürt, dass ihn irgendetwas mit dem Tier verbindet und auch Tage später geht ihm der Wolf nicht mehr aus dem Kopf. In der Schule hat es Viktor sowieso schon schwer, weil sich seine Klassenkameraden oft über ihn lustig machen und auch seine Mutter ist anfangs skeptisch, weil ihr Sohn nur noch über den Wolf spricht. Viktor setzt alles in Bewegung und findet heraus, dass der Wolf in einen Wildpark gebracht wurde. Er will dem Wolf helfen – und mit einem Mal muss er nicht den ganzen Tag an den Ärger in der Schule oder die Trauer über den Tod seines Vaters denken. Viktor hat ein neues Ziel.



Als ich den Klappentext las und das Cover sah war mir klar: dieses Buch musst du lesen! Mit nicht einmal 200 Seiten konnte ich es auch relativ schnell beenden, zumal sich der Roman von seiner Zielgruppe her sowieso eher an ein deutlich jüngeres Publikum richtet. Ab zehn Jahren wird er empfohlen und mein zehnjähriges Ich hätte das Buch vermutlich genauso verschlungen, wie ich es erst kürzlich tat.
Die Kapitel sind kurz, die Sprache durchwachsen. Mal lassen sich eher simple Sätze finden, andernfalls wird auch nichts beschönigt: wenn der Wolf Fleisch frisst, dann ist das eben so und es wird als etwas Natürliches dargestellt, worüber ich sehr dankbar war. Im Buch findet man zudem Illustrationen von Barbara Korthues, um die eigenen Vorstellungen zu bereichern.

Direkt am Anfang überraschte mich das Buch damit, dass das erste Kapitel aus der Sicht des Wolfes geschrieben ist. Ungewöhnlich, aber relevant, um als Leser auch das Tier verstehen zu können. Dabei achtet Hannes Klug darauf, dass der Wolf möglichst realistisch dargestellt wird und nicht als phantastisches Wesen oder gar menschlich auftritt. Allerdings wechselt die Perspektive vermehrt, sodass der Leser eher Viktors Pfaden folgt, als denen des Wolfes. Die Geschichte wird aus der dritten Person Singular erzählt.
Durch den Perspektivenwechsel sind die Protagonisten klar verteilt und der Titel sagt es ja eigentlich schon: hier geht es um Viktor und den Wolf. Viktor ist ein elfjähriger Junge, der mit seiner Mutter in der Nähe eines Bahnhofsgeländes lebt, seitdem sein Vater bei einem Unfall verstarb. Er leidet auch heute noch darunter, ist lieber für sich allein und hat auch in der Schule deshalb nicht viele Freunde. Wahrscheinlich fühlt er sich deshalb zu dem einsamen Wolf hingezogen, den er liebevoll Streuner nennt. Man kann eigentlich gar nicht anders, als die beiden direkt in sein Herz zu schließen – ich jedenfalls kam nicht drum herum!

Neben einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen Tier und Mensch sind aber noch weitere Themen relevant, die das Buch zu etwas Besonderem machen. Insbesondere der Außenseiter-Status von Viktor wird hervorgehoben. Er schottet sich ab und wird in der Schule von seinen Klassenkameraden geärgert. Die Provokation geht soweit, dass Viktor auch handgreiflich wird und er erst verstehen muss, wie man mit Mobbing umgeht. Das Buch gibt einen Ansatz, wie sich Kinder verhalten können, wenn sie Probleme mit ihren Mitschülern haben und zeigt beispielhaft, wie sehr Kinder unter Streit in der Schule leiden.
Auch der Tod des Vaters wird thematisiert und es hat mir sehr gut gefallen, wie der Autor damit umgegangen ist. Natürlich ist das Kind sehr lange davon betroffen, leidet regelrecht unter Depressionen und gerade in einem so jungen Alter – Viktor ist neun Jahre alt, als der Unfall passierte – muss es sehr schwer sein, damit zu leben. Viktor schafft es durch die Beziehung zu dem Wolf den Verlust zu kompensieren, wird wieder fröhlicher und hat etwas, dass sein Leben bestimmt. Er lässt sich nicht länger von der Trauer herunterziehen und versteht, dass es Dinge gibt, für die es sich zu leben lohnt.
Dadurch, dass Viktor nur noch einen lebenden Elternteil hat, vertraut er sich oft seiner Mutter an. Diese nimmt ihn gerade zu Beginn des Romans noch nicht richtig ernst und glaubt ihm nicht, wenn er über den Wolf spricht – ja, das brach mir manchmal schon das Herz. Die Mutter war mir zeitweise wirklich unsympathisch, doch gewann sie im Verlauf der Geschichte diese verlorene Sympathie wieder zurück. Sie – und auch die Lehrerfigur – ist ein gutes Beispiel dafür, wie man sein Kind bei einem Projekt unterstützen sollte.

War es mir anfänglich noch etwas seltsam vorgekommen, dass einige Perspektiven aus der Sicht des Wolfes geschildert wurden, konnte ich mich immer mehr damit anfreunden. Letztendlich verspürte auch ich die Zuneigung zu dem Tier, hatte zeitweise wirklich Mitleid mit ihm. Man lernt den Wolf zu verstehen und erfährt einiges über ihn, was man vielleicht noch nicht wusste. Das Buch war in jedem Fall lehrreich! Und man spürt, dass sich Hannes Klug sehr eingehend mit Wölfen beschäftigt hat, wie er in seinem Nachwort auch bestätigt.
Zunehmend wird man auch von Viktors Aktionismus gepackt. Es ist zwar nicht ganz lehrreich, wenn er seine Schulsachen einfach völlig außer Acht lässt, um beim Wolf zu sein, aber man kann gut nachvollziehen, warum der Junge die bedrohte Tierart schützen möchte. Viktor setzt sich für etwas Gutes ein, von dem man sich am liebsten noch beim Lesen eine Scheibe abschneiden möchte.


Der Roman war spannend, manchmal auch lustig, an vielen Stellen traurig und etwas melancholisch. Mich hat Viktor und der Wolf aber auf alle Fälle überzeugt! Es war schön, dass die Kapitel kurz und knackig waren und dazu auch noch mit Illustrationen geschmückt wurden. Die Geschichte fordert zum Handeln auf und man bekommt selbst richtig Lust, etwas Gutes zu tun. Ich vergebe für dieses schöne Kinderbuch vier von fünf möglichen Lesebrillen!





Titel: Viktor und der Wolf
Autor: Hannes Klug
ISBN: 978-3499217463
Verlag: Rowohlt Rotfuchs
Preis: 9,99€
Sonstiges: 191 Seiten, Hardcover, empfohlen ab 10 Jahren


Die genannten Details sind der Website von Rowohlt entnommen.

Vielen Dank an Hannes Klug und den Rowohlt Verlag für das Leseexemplar! 

2 Kommentare:

  1. Mega schöne und ausführliche Rezension! *~*

    Liebe Grüße
    Julia <3

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    1. Danke, Julia - es freut mich, dass dir die Rezension gefallen hat!

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